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Ausgabe 01/21 Talent

Andrea Bocelli über Talent

Andrea Bocelli Interview Titelbild

Lesedauer: ca. 10 Min.

Autor: Tobias Liminski & Martin Rothweiler | Fotos: Bernhard Spoettel

„Auch ohne dieses Talent wäre mein Leben genauso interessant und schön gewesen.“

– Andrea Bocelli

Seit über 25 Jahren berührt Andrea Bocelli mit seiner Musik Menschen auf der ganzen Welt. Seine Stimme öffnet Herzen. Unzählige internationale Tourneen, mehr als 85 Millionen verkaufte Alben, zahlreiche Preise, Anerkennungen und Auszeichnungen, Auftritte vor Präsidenten, Königshäusern und Päpsten: Wer auf das bewegte Leben von Star-Tenor Andrea Bocelli schaut, braucht keinen weiteren Beweis.

Andrea Bocelli ist ein Musiker mit einem außergewöhnlichen Talent. Ein Genie, das seinesgleichen sucht. „Kein Grund zum Abheben“, meint der Maestro, wie sie ihn in seinem Umfeld liebevoll nennen. Bocelli bleibt bescheiden und tritt mit viel Dankbarkeit und Demut auf. Warum ist das so? Die Antwort auf diese und viele weitere Fragen findet man in Forte dei Marmi. Hier, am italienischen Küstenort, unweit von seinem Geburtsort, ist das Ausnahme-Talent mit seiner Familie heute zuhause. Genau hier hat GRANDIOS Andrea Bocelli zum exklusiven Gespräch besucht.

- GRANDIOS

Hand aufs Herz! Wie gehen Sie mit so viel Erfolg, Applaus und Jubel um? Wie bleibt man bei so viel Ruhm und Ehre mit beiden Beinen auf dem Boden stehen?

- ANDREA BOCELLI

Indem ich ganz einfach so lebe, als gehöre das alles zu einem Paralleluniversum. Draußen auf der Bühne, in den Theatern, in den Fernsehstudios, wenn ich auf Konzerttouren unterwegs bin, lebe ich in einer eigenen Welt. Wenn ich zuhause bin, bei meinen Eltern, meinen Kindern, meinen Freunden, bei meiner Frau, dann lebe ich in einer Parallelwelt. Weit weg von der Welt der Bühnen und Studios. Das sind zwei Welten.

„Talent ist ganz gewiss und ausschließlich eine göttliche Gabe.“

Was ist Talent für Sie? Ist Talent ein Geschenk Gottes? Was glauben Sie: Hat jeder von uns ein Talent?

Talent ist ganz gewiss und ausschließlich eine göttliche Gabe. Und offensichtlich ein Geschenk des Himmels. Gott verteilt die Gaben nach seinem unergründbaren Willen. Dem einen gibt der Herr mehr, dem anderen weniger. Mit dem Mehr an Gaben steigt aber auch die Verantwortung für die geschenkten Talente. So steht es ja auch schon im Evangelium: „Wem mehr gegeben ist, von dem wird auch mehr verlangt.“ Wir müssen uns dessen bewusst sein. Wir müssen immer wieder neu versuchen, die Gaben, die uns gegeben sind, gut zu nutzen. Wir müssen diese Gaben in den Dienst anderer stellen. So, dass sie von allen und mit allen geteilt werden können.

Wie viel Leidenschaft und Liebe zum Detail braucht man, wie viel Freiheit braucht es, um ein Talent zu entwickeln?

Um seine Talente zu entwickeln, braucht man ganz gewiss eine Menge Leidenschaft. Außerdem Entschlossenheit und eine große Opferbereitschaft. Aber auch diese Dinge sind Geschenke des Himmels. Denn ein Mensch, der einen großen Opfergeist und viel guten Willen hat, kann sich nicht selbst feiern und sagen: Ich bin gut, weil ich dieses Talent oder jene Eigenschaft habe. Auch der gute Wille, der Opfergeist – auch das sind Geschenke des Himmels.

Die Grundlage von allem aber ist eine fundamentale Freiheit. Jeder von uns ist frei. Jedes Individuum wird frei geboren. Jeder hat die Freiheit, sich zwischen Gut und Böse zu entscheiden. Wir alle stehen im Grunde bei jeder Wahl, bei jeder Entscheidung vor einem Scheideweg, vor einem Entweder-oder, wie Kierkegaard es definieren würde. Wir entscheiden uns für das Gute oder das Böse. Wir sollten uns also alle bewusst sein, dass jede unserer Handlungen einen Nachhall in der geistigen Welt der anderen findet.

Vielleicht wäre es gut, darüber nachzudenken, dass viele Verbrechen, die von jemandem begangen werden, tiefe Wurzeln im Fehlverhalten anderer haben. In einem Verhalten, das selbst kriminell ist und das von anderen Menschen an denen begangen wurde, die diese Verbrechen heute begehen. Wir sind also alle in gewisser Weise für unser eigenes Verhalten und für das der anderen verantwortlich.

Albert Einstein sagt, „Genie ist ein Prozent Talent und 99 Prozent harte Arbeit“. Wie sehen Sie das? Kann man Talente auch erwerben bzw. erlernen?

Wer sich mit den Besonderheiten der Gesangskunst und der Kunst im Allgemeinen beschäftigt, wird feststellen, dass es Dinge gibt, die man erlernen kann und Dinge, die man nicht erwerben kann. Die Fähigkeit, gut zu phrasieren und vor allem Emotionen zu vermitteln, ist einem in die Wiege gelegt. Die Technik der Stimmbildung, alles, was dazu dient, diese inneren Impulse freizusetzen, die einem erlauben, Emotionen zu übertragen, diese Dinge werden gelernt.

„Ich habe sehr viel Glück, weil ich in einer Familie aufgewachsen bin, die mich geliebt hat.“

Sie sind in der Toskana, in Lajatico bei Volterra aufgewachsen. Als Junge hatten Sie aufgrund Ihres Augenproblems womöglich mehr Mühe als Gleichaltrige. Dennoch haben Sie Dinge geschafft, eine Karriere erlebt, die nicht viele erreichen. Wie wichtig waren Ihre Eltern dabei? Wie wichtig war Ihre Kindheit und Jugend in Lajatico für die Entwicklung Ihrer Talente?

Ich habe sehr viel Glück, weil ich in einer Familie aufgewachsen bin, die mich geliebt hat. Ich bin in einer Familie aufgewachsen, die miteinander im Frieden ist. Das ist sehr wichtig bei der Entwicklung seiner Talente. Für die Entwicklung insgesamt. Und was die Schwierigkeiten betrifft: Ja, ich habe meine Probleme gehabt. Aber ich habe noch nie jemanden getroffen, der keine Probleme hatte. Jeder hat seine Schwierigkeiten. Einige sind sichtbar, andere sind weniger sichtbar. Einige sind äußerlicher Natur, andere sind im Inneren verborgen. Jeder hat seine Schwierigkeiten. Genauso wie jeder seine eigenen Talente hat. Auch die sind manchmal mehr, manchmal weniger sichtbar. Aber sie sind vorhanden. Keiner von uns ist zufällig hier. Wir sind alle durch den Willen des Himmels hier. So hat jeder seine eigene Bestimmung, seinen eigenen Weg. Kurz gesagt: das Wichtigste ist, zu versuchen, genau das zu erkennen. Und dem Weg mit einem Geist der Selbstverleugnung zu folgen. Denn im Grunde genommen gilt: um glücklich zu sein, ist es nicht wichtig, zu tun, was man liebt, sondern zu lieben, was man tut.

Welchen Rat würden Sie Menschen geben, die im Begriff sind, Eltern zu werden, gerade auch wenn man sieht, dass dies mit Herausforderungen verbunden ist, wenn man beispielsweise weiß, dass der Nachwuchs mit einem Mangel geboren wird?

Wenn man Eltern wird, ist es das Wichtigste, dass man sich der Verantwortung bewusst wird. Man sollte sich also vorher bewusst sein, was für eine große Aufgabe auf einen zukommt und diese mit vollem Bewusstsein angehen. Egal, was kommt.

„Ich habe sie in Ruhe gelassen. Ich habe sie machen lassen.“

Auch Ihre Kinder haben bereits große musikalische Talente bewiesen. Wie haben Sie als Vater Ihren Kindern dabei geholfen, ihre eigenen Talente, musikalische oder auch andere, zu entdecken?

Ich habe sie einfach in Ruhe gelassen. Ich habe sie machen lassen. Als sie kleine Kinder waren, habe ich natürlich versucht, ihnen alle Möglichkeiten zu bieten, die ich ihnen geben konnte. Lediglich beim Klavierunterricht habe ich mich in gewisser Weise ein bisschen auf-gedrängt. Aber nur, weil ich glaube, dass die Kenntnis der Musik eine große Hilfe für ein Kind sein kann. Und das aus vielerlei Gründen. Vor allem aber, weil Musik Freude bereitet. Ich bin sicher, manchmal hätten sie vielleicht lieber etwas anderes gemacht, statt sich an’s Klavier zu setzen und eine Bach- oder Beethoven-Partitur zu studieren. Aber heute danken sie mir womöglich dafür. Bei allen anderen Dingen lasse ich sie ihre eigenen Entscheidungen treffen. Sie sollen ihren eigenen Weg suchen und ihren eigenen Leidenschaften folgen. Natürlich hat das Leben in diesem Haus hier, in dem sie musikalisch sehr angeregt wurden, ihnen wahrscheinlich auch geholfen, einen Musikgeschmack zu entwickeln, den sie sonst vielleicht nicht entwickelt hätten. Ich denke schon, das wird so sein. Sicher bin ich mir aber nicht. Es ist nur eine Vermutung.

Gibt es für Ihre Kinder bei einem so weltberühmten Nachnamen mehr Vor- oder mehr Nachteile? Wie gehen Ihre Kinder damit um? Und wie gehen Sie selbst damit um?

Ich glaube, dass jeder von uns die Möglichkeit hat, jede Schwierigkeit, jeden Nachteil in einen Vorteil zu verwandeln. Jeder von uns hat die Möglichkeit, sich dem Leben zu stellen. Da gibt es diejenigen, die das Glas immer halb voll sehen und diejenigen, die es immer als halb leer betrachten. Ich hoffe, dass meine Kinder dem Leben dankbar sind. Für die Vorteile, die sie hatten. Dass sie in einem Haus leben, in dem Harmonie herrscht, in dem es Gott sei Dank keine wirtschaftlichen oder anderen Probleme gibt. Natürlich werden sie sicherlich auch einige Nachteile erleben. Hier sage ich: Geduld! Wir müssen nach vorne schauen und dankbar sein für die Vorteile, die uns gegeben sind.

„Ohne Glauben hätte ich wahrscheinlich genauso gesungen. Aber ich hätte mein Talent auf eine Weise eingesetzt, die wahrscheinlich ganz anders und viel negativer gewesen wäre.“

Wie wichtig ist der Glaube für Sie? Ist der Glaube vielleicht auch ein Talent?

Nein, der Glaube ist kein Talent. Der Glaube ist eine Gnade. Ohne den Glauben würde mein Leben sicherlich ganz anders aussehen. Denn der Glaube gibt dem Leben einen Sinn. Ein Leben ohne die Hoffnung auf ein Erwachen, wenn wir von dieser Welt Abschied nehmen, hätte wenig Sinn. Der Glaube ist Hoffnung. Er ist auch ein Motiv für uns, all das Wohlwollen zu entwickeln, das uns dazu führt, gute Ergebnisse im Leben zu erzielen, uns anderen zur Verfügung zu stellen. Das sind eine Menge extrem positiver Dinge, die ich ohne die Gabe des Glaubens – denke ich – kaum hätte umsetzen können.

Wie entscheidend ist der Glaube für die Entwicklung Ihrer Talente?

Das weiß ich nicht. Ohne Glauben hätte ich wahrscheinlich genauso gesungen. Aber ich hätte mein Talent auf eine Weise eingesetzt, die wahrscheinlich ganz anders und viel negativer gewesen wäre.

Wie geben Sie dieses Geschenk des Glaubens an Ihre Kinder und andere weiter? Ist es überhaupt möglich?

Ich versuche, es durch das Beispiel zu tun. Denn Kinder verschließen ihre Ohren für Worte, aber öffnen ihre Augen für Beispiele. Es ist nutzlos, zu viel mit den Kindern zu reden, wenn sie sich eventuell anders verhalten, als man ihnen gesagt hat. Natürlich habe ich mit ihnen auch viel über Spiritualität, Glauben usw. gesprochen. Ich habe das im Laufe der Jahre in einem solchen Ausmaß getan, dass man mich einen gescheiterten Prediger genannt hat. Zu Hause machen sie sich über mich deswegen lustig. Aber ich habe es gerne gemacht. Ich denke, es war wichtig. Und wenn meine Kinder heute einen Lebensstil haben, über den ich mich nicht beklagen kann, dann liegt es vielleicht auch daran.

Sie haben schon für mehrere Päpste gesungen, unter anderem für Johannes Paul II., für Benedikt XVI. Das ist in Ihrer Karriere schon mehrmals vorgekommen. Wie ist das für Sie, vor einem Papst musizieren zu dürfen?

Ich erinnere mich besonders an eine, ich würde sagen dramatische Situation, in der ich vor Papst Johannes Paul II. gesungen habe. Das war am 1. Mai 2000, als ich nach Tor Vergata in Rom ging, um für den Heiligen Vater zu singen. Das war ein Tag nach dem Tod meines Vaters. Am 30. April desselben Jahres starb mein Vater. Ich lief nach Hause und blieb die ganze Nacht bei meinem Vater.

Dann ging ich am nächsten Tag, um vor dem Heiligen Vater zu singen und meiner Verpflichtung nachzukommen. Denn ich denke, dass dies vielleicht die größte Erfüllung für einen Künstler ist, der auch die Gnade des Glaubens hat, vor demjenigen zu stehen, der auf dem Stuhl Petri sitzt. Ich denke, das ist im Grunde das Beste, was ein Sänger sich wünschen kann.

„Ich hoffe, mein Vater war mit meiner Entscheidung zufrieden.“

Haben Sie das damals auch für Ihren Vater getan?

Ich habe es auch für meinen Vater getan. Es war auch eine Art Gebet für ihn. Ich hoffe, mein Vater war mit meiner Entscheidung zufrieden.

Wer viel Talent hat, der hat auch viel Verantwortung. Seit vielen Jahren sammeln Sie zusammen mit Ihrer Frau Veronica und der Andrea Bocelli Foundation (ABF) Gelder, um Gutes zu tun. Warum haben Sie die Stiftung gegründet? Was waren die Beweggründe? Und was genau machen Sie mit der Foundation alles?

Die Andrea Bocelli Foundation wird dieses Jahr 10 Jahre alt. Es waren 10 intensive Jahre, sehr reich an Initiativen. Alles begann mit einem sehr wichtigen Projekt in Haiti. Damals wurde Haiti zunächst von einem Erdbeben und dann von der Cholera gegeißelt. Zusätzlich zu all dem, was Haiti bereits zuvor erlebt hatte. Hier hat sich unsere Stiftung damals sehr stark engagiert, um Schulen zu bauen, damit die vielen Kinder ein gewisses Maß an Bildung erwerben könnten. Damit sie etwas zu essen bekamen. Viele von ihnen wären sonst an Hunger gestorben.

Und dann haben wir unsere Arbeit in Italien in den Marken, einer Region im Osten Italiens, fortgesetzt. Hier haben wir nach dem Erdbeben drei Schulen gebaut. Eine Schule in Sarnano, eine weitere in Muccia und eine Musikschule in Camerino, die nach Franco Corelli benannt ist. Franco Corelli war gewissermaßen mein Mentor. Er hat meine Art zu singen in besonderer Weise inspiriert. Das alles war nur dank des guten Willens vieler Männer und Frauen, die sich engagiert und großzügig gespendet haben, möglich. Ich hoffe, dass wir die Arbeit der Stiftung in Zukunft weiter fortsetzen und sogar noch effizienter gestalten können.

In den letzten 18 Monaten hat die Welt eine noch nie dagewesene und komplexe Zeit durchlebt. Wie haben Sie sich als Künstler und als Mensch während dieser Pandemie gefühlt? Wie haben Sie beispielsweise Ihr außergewöhnliches Konzert im Dom von Mailand erlebt? Eine Zeit der Musik, aber irgendwie auch des Gebets.

Ich habe in dieser Zeit gelitten, denn Leiden ist ansteckend. Das Leiden so vieler Männer und Frauen, das regelmäßig im Fernsehen, in Zeitungen etc. vermittelt wurde, war etwas, das weh tat. Deshalb habe ich auch gleich daran gedacht, sobald es wieder möglich ist, will ich dieses öffentliche Gebet im Mailänder Dom durchführen und alle zum Gebet einladen. Denn das Evangelium sagt genau das: wenn zwei oder drei im Gebet zusammenkommen, wird Gott in unserer Mitte sein. Also, je mehr wir sind, umso besser. Es war also eine Möglichkeit, die Kräfte zu bündeln. Eine Botschaft der Hoffnung. Deswegen sind wir auch nach Mailand gegangen. In das Zentrum der Epidemie, wo es noch sehr viele Infizierte gab. Es war eine Geste, ein Weg, den Menschen Hoffnung zu schenken. Um allen zu sagen: „Wir können das schaffen. Wir müssen mit Zuversicht nach vorne schauen!“

Es war eine schwierige Zeit, eine Zeit großen Leids. Keiner von uns war es gewohnt, eine solche Situation durchleben zu müssen. Solche Schwierigkeiten, diese Einschränkung der Freiheit. Das sind alles Dinge, die unsere Generation nicht kennt. Es war eine Erfahrung, die uns einlädt, uns daran zu erinnern, dass es im Leben eben auch diese Aspekte gibt. Diesmal war es eine Pandemie, morgen könnte es ein Krieg sein, der uns alle einschränkt und die Freiheit raubt. Wenn es also nichts dergleichen gibt, ist es vielleicht eine gute Idee, dem zu danken, der die Welt geschaffen hat. Denn Er hat uns in Europa, in unseren Ländern, insbesondere in Italien, Deutschland oder Frankreich viele Jahre des Wohlstands und des Friedens geschenkt.

„Der Rat, den ich all jenen geben kann, die nach ihrem eigenen Weg suchen und versuchen zu verstehen, was ihre Talente sind, ist, die Idee vom eigenen Talent vollständig von der Idee des Verdienstes, des Geldes, des Reichtums zu lösen.“

Viele junge Menschen suchen noch nach ihrem Talent, nach ihren Fähigkeiten, nach ihrem Platz in der Gesellschaft. Gibt es einen Rat, den Sie diesen jungen Menschen mit auf den Weg geben möchten?

Der Rat, den ich all jenen geben kann, die nach ihrem eigenen Weg suchen und versuchen zu verstehen, was ihre Talente sind, ist, die Idee vom eigenen Talent vollständig von der Idee des Verdienstes, des Geldes, des Reichtums zu lösen. Denn das wäre eine trügerische Art nach dem eigenen Weg zu suchen.

Als ich jung war, habe ich viel gesungen. Das hat mir einfach sehr viel Freude gemacht. Ich hatte schon früh diese große Leidenschaft für Musik. Meine Mutter sagte dann immer zu mir: „Du wirst nie etwas im Leben erreichen, weil du dich nicht anstrengst, du gehst nicht raus und machst dich nicht bemerkbar, du versuchst es nicht.“ Aber ich habe aus Leidenschaft gesungen. Das war mein Anliegen. Und wahrscheinlich liegt in dieser Einstellung, die ich schon immer seit meiner Kindheit hatte, der Grund dafür, dass ich in der Lage war, das zu tun, was ich selbst nicht erwartet hatte und was nicht zu meinen Prioritäten gehörte. Ich musste nicht, ich wollte singen.

Unser Magazin heißt GRANDIOS. Was fällt Ihnen als Künstler ein, wenn Sie das Wort „grandios“ oder, spanisch ausgesprochen, „GRAN DIOS“ hören. Wie würden Sie dieses Wortspiel als Künstler, als Musiker interpretieren?

Wenn ich beim Wort „grandios“ an ein musikalisches Meisterwerk denke, dann habe ich die Qual der Wahl. Es gibt so viel Musik, es gibt so viele Meisterwerke, die man als grandios bezeichnen kann. Ich weiß gar nicht, wo ich da anfangen soll bei all den großen Komponisten von Beethoven bis Bach oder im Bereich der Opernmusik von Verdi über Puccini bis Wagner. Kurzum, es sind Meisterwerke bis in die Neuzeit geschrieben worden. Denn Rachmaninows Konzerte sind meines Erachtens großartig. Wenn ich an „GRANDIOS“ denke, dann sage ich: Ohne Gott gibt es nichts. Ich habe nie an den Zufall geglaubt. Mein Glaube entspringt also direkt einer Argumentation, die mich dazu bringt, die Idee des Zufalls völlig abzulehnen. Der Zufall existiert nicht in unserem Leben. Alles, was passiert, ist das Ergebnis von etwas anderem. Und so wie jede Uhr sich dank der Arbeit eines Uhrmachers unseren Augen präsentiert, so würde die Welt ohne Gott nicht existieren. Dies scheint mir offensichtlich zu sein.

Andrea Bocelli, ganz herzlichen Dank,
dass wir hier bei Ihnen zu Gast sein durften! Dass Sie uns zur Verfügung standen und uns zu Ihrem und zum Talent Ihrer Kinder so offen
und ehrlich geantwortet haben. Dankeschön!

Bitteschön! Ich habe nur das Wenige gesagt, was ich sagen konnte. Ich erhebe nicht den Anspruch, absolute Wahrheiten formulieren zu dürfen, geschweige denn zu können. Aber mein Leben war eine wunderbare Erfahrung und ist es auch heute noch. Eben dank dieser Gabe, die Gott mir gegeben hat. Das, was wir Talent nennen, ist im Grunde ein Geschenk.

Auch ohne dieses Talent wäre mein Leben genauso interessant und schön gewesen. Denn ich bin ein neugieriger Mensch, ich liebe das Leben. Ich bin leidenschaftlich für alles, was mir begegnet, vom Sport bis zum Lesen. Ich hätte also in jedem Fall mit einer tiefen inneren Zufriedenheit gelebt.

Mille Grazie Maestro! Ganz herzlichen Dank Andrea Bocelli!

Sehr gerne! Ich danke Ihnen, dass Sie hier waren!

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