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Lesedauer: ca. 6 Min.

Autorin: Marie Kinsky

Historische Talente

Historische Talente Agnodike

Agnodike
(300 v. Chr.)

Was wärst du bereit dafür zu tun, deine Talente auszuleben und deiner Berufung nach zu gehen? Diese Frage hätte die Athenerin Agnodike höchstwahrscheinlich mit „Alles“ beantwortet. Denn die junge Frau hat einen Traum: Hebamme werden! Hebamme werden in einer Zeit, in der Heilberufe ausschließlich Männern vorbehalten waren. Doch Agnodike lässt sich von dieser gesetzlichen Hürde nicht aufhalten. Um ihrer Berufung nachzugehen und ihr zwischenmenschliches Talent zu entfalten, verkleidet sie sich kurzerhand als Mann und gibt ihre weibliche Identität auf.

Ihr Erfolg sollte ihr Recht geben. Durch ihr großes Einfühlungsvermögen und medizinisches Talent ist sie bei den Athenerinnen ausgesprochen beliebt. Selbst als neidische Kollegen Agnodike wegen sexueller Übergriffigkeit beschuldigen, sie vor Gericht kommt und ihre weibliche Identität preisgeben muss, stehen ihre Patientinnen hinter hier. Sollte Agnodike zum Tode verurteilt werden, drohen sie ihre Ehemänner zu verlassen. Daraufhin entscheidet der oberste Rat Agnodike als erste Hebamme anzuerkennen und Frauen zukünftig die Ausbildung in Heilberufen zu gestatten.

Ihr Einfühlungsvermögen, ihre medizinische Leidenschaft und ihr Mut durchbrachen gesetzliche Mauern und wurden fruchtbar für sie selbst, ihre Patienten und alle anderen Frauen in ihrer Gesellschaft.

Historische Talente Fritz Gerlich

Fritz Gerlich (1883 - 1934)

„Es geht um Deutschland, um Euer, um Eurer Kinder Schicksal.“ – Mit Sätzen wie diesen versuchte Fritz Gerlich Deutschland vor dem Nationalsozialismus zu warnen. Das gedruckte Wort gegen die Gewalt des Nationalsozialismus. Ohne sein sprachliches Talent, seine Vehemenz und seinen Glaube an das Gute wäre sein Vorhaben vermutlich schon früh gescheitert. Doch Fritz Gerlich bleibt stark, schreibt in seiner Zeitung „Der gerade Weg“ unerschütterlich über die Gefahren des Nationalsozialismus. Er leistet Widerstand gegen Adolf Hitler und die NSDAP und prophezeit die Zeit unter der Herrschaft von Hitler.

„Nationalsozialismus heißt: Lüge, Hass, Brudermord und grenzenlose Not.“ – Seine Waffe ist die Sprache, sein Talent, dass er auch nach der Machtergreifung Hitlers weiter nutzt. Selbst als er gewarnt wird und fliehen kann, bleibt er in seiner Redaktion und macht weiter. Er schreibt weiter bis man ihn verhaften lässt. Nach 13 Monaten in Haft wird Fritz Gerlich im Konzentrationslager in Dachau erschossen.

Fritz Gerlich – ein ungewöhnlicher Mensch, der seine Talente einer großen Aufgabe gewidmet hat. Dem seine unverkennbare Art in der großen Sache zum Vorteil wurde.

Historische Talente Frida Kahlo

Frida Kahlo (1907 - 1954)

Talent liegt in der Familie und ist stark verknüpft mit der eigenen Lebensgeschichte. Diesen Eindruck gewinnt man bei Frida Kahlo de Rivera. Die mexikanische Künstlerin bekommt von ihrem Vater, einem deutsch-mexikanischem Fotografen, schon früh ein Interesse an Kunst vermittelt. Aber erst ein tragischer Unfall, der sie über Wochen und Monate an ihr Bett fesselte animiert Frida zum Malen.

„Ich male mich, weil ich sehr viel Zeit allein verbringe und weil ich das Motiv bin, das ich am besten kenne.“ – Ihr künstlerisches Talent hilft ihr mit der Langeweile und ihrem Leid umzugehen. Über die Zeit entwickelt sie ihren surrealistischen Stil, verarbeitet ihre körperlichen und seelischen Schmerzen und steigt zur Künstlerin auf.

Ob Frida auch ohne ihre Schicksalsschläge zur bekanntesten Künstlerin Lateinamerikas und zur Stilikone mit Monobraue und Damenschnurrbart geworden wäre, wissen wir nicht. Allerdings macht Frida Mut, die eigenen Talente zu nutzen und zu entfalten, Langeweile für sich zu nutzen und die eigenen Hindernisse zu überwinden.

Historische Talente Florence Nightingale

Florence Nightingale (1820–1910)

„Ich möchte Ihnen aber raten, diesen Weg zu gehen, wenn Sie sich dazu berufen fühlen. Handeln Sie entsprechend Ihrer Eingebung und Sie werden herausfinden, dass nichts Unpassendes und Undamenhaftes daran sein wird, wenn Sie Ihre Pflicht zum Nutzen anderer tun.“ Der Arzt Samuel Gridley Howe bestärkt die Britin Florence Nightingale ihre Talente der Krankenpflege zu widmen.

Dank ihrer Beobachtungsgabe erkennt Florence nämlich sehr früh, dass es in englischen Krankenhäusern und Militärkrankenhäusern an guter Pflege mangelt. Mit einem klaren Ziel vor Augen stellt sie sich sogar gegen den Wunsch ihrer Eltern, etwas „Damenhaftes“ zu tun und revolutioniert das Pflegewesen in England. So schafft sie es mit ihren feinsinnigen Beobachtungen nicht nur Militärkrankenhäuser neu zu strukturieren und Ausbildungsstätten für Krankenschwestern aufzubauen, sondern erreicht auch die gesellschaftliche Anerkennung und Achtung des Pflegeberufs. Das Talent hinzuschauen und an den richtigen Stellen abzuschauen ist kein offensichtliches Talent und trotzdem verhalf es vielen Menschen zu einem besseren Leben.