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Lesedauer: ca. 13 Min.

Autor: Walter Gunz | Fotos: Bernhard Spöttel

Wenn Freunde gehen

Media Markt-Gründer Walter Gunz über das „Geschenk Freundschaft“, schmerzhaften Verlust und eine Hoffnung, die trägt.

Freundschaft ist ein Geschenk. Man kann sie nicht fabrizieren und sie fällt auch nicht vom Himmel. Oder doch? Es heißt, Ehen werden im Himmel geschlossen und das gilt auch für Freundschaften. Eine Freundschaft ist immer ein Prozess. Antoine de Saint-Exupéry hat das in seinem Buch „Der kleine Prinz“ auf wunderbare Weise beschrieben. Als der kleine Prinz dem Fuchs in der Wüste begegnet, will er mit ihm spielen. „Ich kann nicht mit dir spielen“, sagt der Fuchs. „Ich bin noch nicht gezähmt.“ „Was bedeutet zähmen?“, fragt der kleine Prinz, „Ich suche Freunde, was heißt zähmen?“ „Das ist eine in Vergessenheit geratene Sache“, antwortet der Fuchs. „Es bedeutet, sich vertraut machen.“
Der Fuchs erzählt weiter, dass er für den kleinen Prinzen nicht einmalig sei und hunderttausend Füchsen gleichen würde. „Aber wenn du mich zähmst, so werden wir einander brauchen. Du wirst für mich einzig sein in der Welt. Ich werde für dich einzig sein in der Welt.“

Mit diesen einfachen Worten treten wir in Tiefe und Wesen jeder Freundschaft ein. Jede Freundschaft ist einmalig, sie lebt nicht vom Zweck, sie verweigert sich der Instrumentalisierung. Ihre Grundlage istdie Einheit aus Liebe, Vertrauen und Selbstlosigkeit. Die wirkliche Liebe beginnt, wo keine Gegengabe erwartet wird, sagt Saint-Exupéry. Das gilt natürlich auch für jede Freundschaft. Die Freundschaft gibt dem anderen Raum, lässt ihn so sein wie er ist. Durch diese liebende Wahrnehmung kann der andere aufgehen in dem, was er eigentlich ist. Unter Freunden muss mansich nicht verstellen. Ein Freund liebt den anderen. Nicht nur trotz, sondern vielleicht sogar auch wegen seiner Fehler. Ein Freund erfüllt die ursprüngliche Sehnsucht eines jeden Menschen, so geliebt und angenommen zu werden wie man ist.

Ein Dichterwort sagt: „Die Rose kennt kein warum. Sie blüht, weil sie blüht.“ Eine Freundschaft kennt auch kein Warum. Liebe und Freundschaft sind das Wertvollste, was einem im Leben begegnen kann. Mit den Augen der Liebe betrachtet, kann alles zum Freund werden: Gott, der Mensch, auch Tiere und Pflanzen. Man kann sogar einen Stern lieben, zum Beispiel den Asteroid B612 des kleinen Prinzen.

Mein bester Freund

Jede Freundschaft hat ihren wunderbaren Anfang. Vor 21 Jahren lud mich mein Freund Florian Langenscheidt zu einer Weihnachtsfeier ein. Im Gewühl der Menschen stellte er mir Guido Westerwelle vor. Wir waren uns sofort sympathisch und haben uns zu einem erneuten Treffen verabredet. Anschließend lud ich Guido nach Marrakech ein. Rückblickend schrieb Guido im Geleitwort meines ersten Buches: „Freundschaft schlossen wir in zwei riesigen Ohrensesseln in Marrakech. Gerne erinnere ich mich an unser stundenlanges tiefgründiges Gespräch. Wir sprachen über Gott und die Welt – wirklich über Gott und die Welt. Gemeinsam kamen wir zu der Auffassung, dass entweder Furcht oder Hoffnung der Antrieb einer Gesellschaft ist.“ Diese Überlegung ist hochaktuell, Stichwort Corona-Krise. Die Welt versinkt zeitweise in Angst und Schrecken.

Freiheit

Was Guido und mich ideell verband, war die Liebe zur Freiheit. Dieses Motiv lag auch meiner Unternehmensgründung von Media Markt zugrunde. Mit Guido tauchte ich in eine für mich neue, teilweise fremde Welt ein. Guido liebte die Menschen. Er fühlte sich am wohlsten in großer Gesellschaft. Als Redner auf Tagungen wogte er in seinem Element. Er war blitzgescheit, schnell, ein rhetorisches Genie. Nach über zehn Jahren, in denen er mein bester Freund wurde, bat ich Guido, nach meinem Ableben am Grab die Nachrufrede für mich zu halten. Damals ahnte ich noch nicht, dass alles anders kommen würde.
Ich war nie Mitglied einer Partei und bin es auch heute nicht. Dennoch tauschten wir uns über alle wichtigen Themen aus Politik und Finanzen aus. In meiner Zeit als Aufsichtsrat bei Axel Springer verbrachten wir viele Abende gemeinsam in Berlin und Guido wurde auch ständiger Gast in Marrakech. Auch die Liebe zu Kunst und Musik verband uns. Ich erinnere mich noch gut an eine Fahrt nach Lugano, auf der wir Maria Callas und Pavarotti hörten. Was ich an Guido so schätzte, war seine liebenswürdige offene Art. Er war nicht nur ein guter Redner, sondern auch ein guter Zuhörer.

Ein Zeichen unserer Freundschaft bestand auch darin, dass wir zu politischen Themen ganz unterschiedliche Meinungen haben konnten und beide davon profitierten, die gleiche Sache aus einem ganz anderen Blickwinkel zu sehen. Materielle Dinge spielten bei uns nie eine Rolle. In einer guten Freundschaft ist einer für den anderen da. Ich erinnere mich an den gemeinsamen Abend in Berlin, als die FDP über 14 Prozent der Stimmen errang, wir uns euphorisch umarmten und auf eine positive Gestaltung der Politik hofften. Dann der Rückschlag: 2014 diagnostizierten die Ärzte bei einer Routineuntersuchung in Berlin eine akute Leukämie. Nach einem langen Behandlungsmarathon, im Mai 2015, scheinbar auf dem Weg der Genesung, verbrachten wir einige Tage in unserem geliebten Marrakech.

Guido und ich trafen uns im Trubel der Stadtmitte zum Lunch im Grand Café de la Poste. Als der Ober den gewünschten leckeren Weißwein servierte, sagte Guido „geht doch schon wieder“. Leider nahm seine Krankheit in der Folgezeit einen kritischen Verlauf. Mit tiefer Erschütterung vernahm ich von seinem Lebenspartner Micky im darauffolgenden Frühjahr die tragische Botschaft. Micky sagte, ich weiß nicht, wie es weitergeht. Wir hatten nur Plan A. Das war der Überlebensplan. Betroffen ging mir unsere letzte gemeinsame Begegnung in der Weihnachtszeit durch den Kopf. Guido hatte immer den Wunsch, einen Teppich unter seinen großen Esstisch zu legen. Ich schlug einen marokkanischen Teppich in rostroter Farbe vor, schickte ein Bild und Guido antwortete: „Ja, prima, so machen wir’s. Man braucht ja noch Aufgaben.“ Die Trauerfeier in Köln, zu der viele kamen und Frau Merkel eine Ansprache hielt, war ein würdiger Abschied. Aufgeführt wurde auch Musik – eine Synergie zwischen Samba und Jazz – von dem brasilianischen Musiker Baden Powell de Aquino, den Guido so liebte.

Bleibende Erinnerungen

Im Winter darauf rief mich Micky an. Er sagte, dass Guido seine Freunde immer als seine Familie ansah. Deshalb würde er gerne ein schönes Bilderbuch mit Erinnerungen von seinen Freunden machen. Jeder könne darin eine Seite frei gestalten, mit Bildern und Texten nach eigenem Wunsch. Jetzt, da ich das Buch wieder in den Händen halte, möchte ich zum Abschluss aus meinem Text zitieren: „Du warst mein bester Freund. Ich vermisse dich sehr. Ich bin Gott dankbar, dass wir uns begegnet sind. Danke für die besinnlichen, heiteren, lustigen und immer wertvollen Momente unseres Zusammen-seins. Wenn es ein Paradies gibt, und ich hoffe, mein Mentor, der jüdische Professor Friedrich Weinreb hat keinen Schmarrn verkündet, werden wir uns alle wiedersehen. Das ist mein großer Wunsch. Vorher soll dir, dem Verkannten, wie die Zeitung ,Die Welt‘ titelte, alles Schöne schon zuteil werden, was du verdient hast: Liebe, Freude und vor allem Anerkennung, die dir leider viele erst nach deinem Tod geschenkt haben.“

Mein väterlicher Freund

In den 70er Jahren reiste ich meinem verehrten Mentor Prof. Friedrich Weinreb zu vielen Vorträgen in ganz Europa nach. In seinem zentralen Werk „Schöpfung im Wort“ findet man immer wieder den Hinweis, dass die Grundlage dieser Schöpfung die Liebe ist. Die Liebe schafft Einheit und Schönheit, so wie die Vermählung von Tag und Nacht sich im Abendrot spiegelt. Damit die Wahrheit in dieser Schönheit erstrahlen kann, hat Gott diese Welt so erschaffen.

An seinem Wohnort in Zürich gab es einen Kreis von Philosophen, die sich dort in größeren Abständen trafen. Dort lernte ich Professor Ferdinand Ulrich kennen. Auch hier sprang der Funke sofort über. Ich war begeistert von seiner rhetorischen Brillanz und wie er tiefgründige Themen genial in anschaulichen Gleichnissen aufzeigte. In dieser Zeit war er ordentlicher Professor der Hochschule für Philosophie in München. Viele Jahre besuchte ich dort seine Vorlesungen. Sie sind mir bis zum heutigen Tag gegenwärtig. Tief bewegt lauschten wir im Hörsaal, seine Worte trafen direkt ins Herz. Dabei wurde mir klar, wie tief die Bedeutung des Wortes sein kann. Da überkam mich die Ahnung von der Wucht des Satzes aus der Genesis „Am Anfang war das Wort“. Er nahm uns mit auf eine höhere geistige Ebene, einem Flow der Gefühle. Voller Hoffnung verließen wir mit seinen Botschaften den Hörsaal. In seinem Buch „Gegenwart der Freiheit“ spricht er vom Wort und seiner tiefen Bedeutung: „Es führt den Hörenden ins vis-á-vis zur besprochenen Wirklichkeit, lässt ihn das Gesprochene verstehen, indem der Angesprochene gerade das ihm geschenkte Wort vergisst und dorthin geht, wo das ist, wofür das Wort steht. Die gemeinte Wirklichkeit taucht gewissermaßen von sich her wieder unmittelbar auf und enthüllt sich… So kann das Wirkliche von seinem Wesen her aufleuchten.“ Dieses Aufgehen und Verstehen von Wahrheiten war geschenkte Essenz des Zuhörens. Ich lauschte mit Begeisterung.

Das Geschenk des Glaubens

Professor Ulrich wurde über viele Jahre nicht nur mein Professor, sondern väterlicher Freund und Meister des Wortes. Er vermittelte mir das Christentum in seiner Tiefe ganz neu. Ich erinnere mich noch sehr gut an den 14.01.1987, als ich ihn in der Mensa der Universität Regensburg besuchte. Wissbegierig wie ich war, stellte ich meinem geliebten Professor viele Fragen. Natürlich wusste ich, besonders auch durch ihn, dass Wissen und Glauben zwei Welten sind, dass das, was man nicht weiß, nur geglaubt werden kann. So ging ich in der vermeintlichen Tiefgründigkeit meiner Fragen immer weiter. Wollte dies und jenes noch von meinem hoch geschätzten Meister wissen und hören. „Sie können gar nichts wissen“, sagte er schließlich. „Na gut“, meinte ich, „wenn man nichts wissen kann…, aber ahnen kann man doch vielleicht etwas?“, fragte ich nach. „Mein Gott“, sagte er. „Was wollen Sie denn damit? Dann kommen Sie zu den Ahnen…“. Er riss mit der rechten Hand einen winzigen Streifen von einem Zettel ab, und sagte: „Das ist jetzt für Sie. Das ist es.“ Und er schrieb auf diesen Zettel drei Buchstaben: „E. B. V.“ „Das ist es. Das ist für Sie.“ E. B. V. – ich überlegte, blieb ratlos und sagte: „Ich weiß es nicht. Was bedeuten die drei Buchstaben für mich?“ „Es bleibt verborgen“, war die Antwort an seine Studenten. Es war eine meiner schwierigsten und wichtigsten Lektionen. Sie erinnert mich seither an Sokrates, der auch schon formulierte: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Nach vielen Jahren beendete Ferdinand Ulrich seine Vorlesungen, zog sich ganz zurück und wollte auch keine Besuche. Dies respektierte ich natürlich. Und so lebte unsere Freundschaft aus handschriftlichen Briefen, seltenen Telefonaten und dem Lesen seiner Bücher. Ich erinnere mich noch an ein Telefonat im letzten Jahr, bei dem wir uns über das Sprechen und Hören in den vielen Vorlesungen austauschten. Als ich mich bei ihm bedankte, für die wunderbaren Stunden, in denen ich zuhören durfte, sagte er: „Nein, nein, ich muss mich bedanken, dafür, dass Sie zugehört haben. Und diese Momente sind nicht vergangen. Sie sind in Ewigkeit gegenwärtig“. Mir wurde klar, dass viele dieser gewonnenen Erkenntnisse und Einsichten mein Leben in den letzten Jahrzehnten ganz maßgeblich beeinflusst haben. Die Unternehmensgründung von Media Markt und dessen Erfolg verdanke ich auch ihm. Denn Freiheit, Liebe und Verantwortung als Grundlage dieser Unternehmensidee brachten auch das Geschenk des Erfolges mit sich.

Freundschaft, die weiterlebt

In diesen Jahren hatte ich auch seinen liebenswerten Sohn Thomas Ulrich kennengelernt. Meine damals mit Genehmigung des Professors auf Kassette gemachten Aufzeichnungen von vielen Vorlesungen habe ich gehütet wie einen Schatz. Von einer Mitstudentin erfuhr ich, dass Bischof Stefan Oster aus Passau ebenfalls bei ihm studiert hatte und an diesen Aufzeichnungen interessiert war.
Wir trafen uns in Passau, beschlossen, die Aufnahmen digitalisieren zu lassen und ich ließ sie später ausdrucken. Gerne würde ich aus diesem Material noch ein Buch machen. Über dieses Thema entwickelte sich auch eine Freundschaft zwischen seinem Sohn und mir, über die ich mich sehr freue. Ende letzten Jahres erlitt Prof. Ulrich einen Schlaganfall und kam ins Krankenhaus, später in ein christliches Seniorenstift. Eines Abends rief mich sein Sohn Thomas an und sagte, dass sein Vater nach mir gefragt hätte und ob ich ihn besuchen wollte. Ich sagte, ich würde mich bei ihm melden, wegen eines Zeitpunkts für meine Reise. „Warten Sie lieber nicht so lange…“, war seine Antwort. Eine innere Stimme sagte mir: fahr gleich. In Regensburg begleitete mich sein Sohn am nächsten Tag. Wir fuhren in den dritten Stock, Zimmer 310. Ich betrat das Zimmer, sein Sohn ließ uns allein. Ich ging zum Bett meines geliebten Professors. Ich nahm seine Hand, umarmte ihn und er sagte: „Mein Gott, der Walter Gunz.“ So verbrachten wir schweigend eine lange Zeit. Am Ende sagte er, dass er sich sehr freuen würde über die Freundschaft, die zwischen seinem Sohn und mir entstanden sei. Rückblickend war diese Begegnung nach so vielen Jahrzehnten einer der schönsten Momente meines Lebens. Leider verschlechtere sich dann sein Zustand. Er ist ruhig und in Frieden eingeschlafen. Bischof Oster hielt zu seinen Ehren eine sehr ergreifende, schöne und tiefgründige Predigt. Auf dem Friedhof drückte mir der Sohn die Doktorenmütze seines Vaters in die Hand. Er sagte, „wenn es einer verdient hat, dann Sie“. Tief gerührt von dieser Geste nahm ich die Mütze an mich. Ich werde sie immer in Ehren halten. Sie hat einen besonderen Platz in meinem Wohnzimmer gefunden.

Meine Mutter, Beraterin und Freundin

Eingangs erwähnte ich, dass eine Freundschaft auch immer ein Prozess ist. Dies trifft in besonderem Maß für Eltern und Kinder zu. Dieser Prozess hat bei meiner Mutter und mir lange gedauert. Von frühester Kindheit an war meine Mama eine liebende, aber mich überbehütende Mutter. Zwar hatte sie immer mein persönliches Wohl im Auge, mit ihrer Fürsorge jedoch wusste sie alles besser als der kleine Walter. Der schaffte es deshalb selbst als renitenter kleiner Kerl in der Volksschule nicht, souverän seine Ideen durchzusetzen. In seltenen Fällen, wenn sie mit ihrem Latein am Ende war, musste mein Papa – obwohl meine Eltern getrennt lebten und geschieden waren – einspringen und bei einem Friseur seiner Wahl meine langen Haare abschneiden lassen.

Auch später, als der kleine Walter tatsächlich größer wurde, und schon aufs Gymnasium ging, blieb sie die behütende Mama. Erst mit meinem beruflichen Erfolg, zuerst bei Karstadt und dann mit der Gründung von Media Markt, konnte ich mir den Respekt verschaffen, als ebenbürtiges Gegenüber wahrgenommen zu werden. Natürlich hat mich meine Mutter immer geliebt und alles für mich getan. Aber erst in dieser besonderen Zeit des Wandels wurde sie mir zu einer echten Freundin. Fortan war sie mir auch ein wertvoller Ratgeber. Durch die frühe Trennung von meinem Vater – ich war ein kleiner Junge – wurde sie zwar zur alleinerziehenden Mutter, hatte aber meine liebevollen Großeltern, mit denen wir zusammenwohnten, zur Seite. Meine Mutter ging neben der Hausarbeit immer auch anderen Beschäftigungen nach. Sie hatte die Meisterschule für Mode absolviert und kreierte für einen Modehersteller Konfektionsmodelle. Später wurde sie selbstständige Geschäftsfrau und eröffnete in Schwabing ein Geschäft für Bücher und Bürobedarf.  Es war ein gemütlicher Tante-Emma-Laden und sie hatte durchaus geschäftlichen Erfolg. In wichtigen beruflichen Entscheidungen stand sie mir als wertvoller Diskussionspartner zur Seite. Heute kann ich rückblickend sagen, dass mir ihre Zuneigung und Stabilität immer ein großer Rückhalt waren. Vor allem als ich mich mit der Media Markt-Gründung in die Selbstständigkeit wagte.

Geschenkte Zeit

Da mich meine Mutter mit 22 Jahren bekommen hatte, war sie lange an meiner Seite. Bis zu ihrem 90. Geburtstag war sie topfit. Leider ereilten sie danach einige tragische Schlaganfälle und sie hatte einen langen Leidensweg, den ich begleitet habe. Als Einzelkind und sozusagen letztes Familienmitglied kümmerte ich mich um meine Mutter im Seniorenstift. Hier war ich als Freund und Sohn wichtig. Es war schön, dass wir in dieser schweren Zeit Liebe, Verantwortung und Zuneigung verspüren konnten. Im November letzten Jahres ist meine Mutter mit 95 Jahren im Krankenhaus Agatharied verstorben. Gott sei Dank war ich nicht in Marrakech. Trotz der Ohnmacht und Schmerzen, die einen in solchen Momenten überkommen, war ich auch hier Gott dankbar dafür, dass ich sie auf ihrem letzten schweren Weg begleiten konnte.

Viele Menschen, selbst Christen, so wissen wir aus einer Umfrage, glauben nicht mehr an das Paradies. Aber vielleicht ist der Glaube das Höchste, wozu wir fähig sind. Wir können glauben, obwohl wir nichts sehen. In dem Zusammenhang kommt mir oft eine von Professor Weinreb entlehnte Geschichte über das Aufwachen in der Wahrheit in den Sinn. Die Geschichte erzählt von einem Schüler, dessen Lehrer verstarb. Im Traum erschien dem Schüler der Lehrer und sagte: „Schau, als ich starb, bin ich aufgewacht und sah – wie an jedem Morgen, wenn ich wach wurde – meine Frau, meine Kinder und euch, meine Schüler. Ihr habt nicht getrauert! Ich wurde nämlich in der Welt der Wahrheit wach, der Welt des Seins, wo das Vergangene, das Gegenwärtige und das Künftige eine Einheit sind. Dort lebt ihr alle in der Ewigkeit, in der Welt der Wahrheit. Hier sind wir in der Welt des Scheins. In der Welt der Wahrheit gibt es keinen Tod. In Wirklichkeit bin ich nicht verschwunden. Ich bin immer da, ich war immer da.“

Besiegelte Freundschaften

Wahre Freundschaft reicht über die Zeit hinaus. Weil Liebe ewig währt. Und Gott die Liebe ist. Mit diesen Gedanken und mit dieser Hoffnung kann ich – wenn ich an den Tod meiner Mutter, Professor Ulrich und Guido Westerwelle denke – weiterleben. Ohne diesen Trost und ohne diesen Glauben wäre meine Welt sehr arm.

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