Sehnsucht ist der Soundtrack meines Lebens – Bernadette Lang

Die Braut, die sich was traut: Bernadette Lang über ihren erstaunlich alternativen Lebensentwurf.

Bernadette Lang im Grandios Interview

Sie ist die Braut, die sich was traut. Aber was heißt in ihrem Fall eigentlich Braut? Bernadette Lang ist „geweihte Jungfrau“. Für säkulare Ohren klingt das ziemlich strange. GRANDIOS wollte mehr über sie, ihren Lebensentwurf und ihre Sehnsüchte erfahren. Wir haben Bernadette Lang in der Salzburger Homebase der Loretto Gemeinschaft besucht.

Und ich hatte plötzlich die existenzielle Erkenntnis: Gott existiert und er liebt mich bedingungslos.

Dass Bernadettes Herz einmal so für Christus brennt, liegt wohl wesentlich an einer tiefen Erfahrung der Liebe Gottes. Denn bis dahin ist für sie die Sonntagsmesse eher die langweiligste Stunde der ganzen Woche. Auf einem katholischen Jugendfestival in Bosnien geschieht dann das, was ihr Leben für immer verändern soll: „Es gab dann diesen Augenblick, wo ich plötzlich einen Wasserfall von Liebe gespürt habe. Und ich hatte plötzlich die existenzielle Erkenntnis: Gott existiert und er liebt mich bedingungslos. Bis dahin hatte ich das Konzept, Liebe muss man sich verdienen.“ Diese Erkenntnis schenkt ihr eine völlig neue Freiheit. Und sie gibt Gott eine Chance: „Ich habe dann angefangen, zu Hause einfach zu beten, habe mir eine Bibel besorgt und angefangen, darin zu lesen.“ Bernadette öffnet ihr Herz und erlaubt Gott, in ihr Leben einzutreten.

Willst du mir gehören?

Ein Jahr später hat sie am selben Ort ihr Berufungserlebnis. „Ich bin am Strand gekniet und es war wieder so ein starker Augenblick. Ich vernahm plötzlich die Stimme Gottes in meinem Innern: Willst du mir gehören?“ Diese Frage klingt für sie zunächst befremdlich, ja gefährlich. Denn mit einem Mal wird ihr klar: „Wenn ich JA sage, schließt das den Bereich von Beziehung mit ein. Dann werde ich nicht heiraten.“ Sie schiebt die Frage deshalb zunächst zur Seite.

Zwischen 15 und 18 führt sie ihre erste Beziehung, die jedoch in die Brüche geht. „Als es darum ging, schlafen wir miteinander – das konnte ich nicht.“ Sie wechselt den Ort, entscheidet sich für ein Studium der Religionspädagogik und Theologie. Und dann geschieht es: Die Frage Gottes pocht wieder an ihr Herz. So gern will sie irgendwie JA sagen, aber es fordert sie heraus. Denn einerseits lernt sie junge Männer kennen, mit denen sie sich eine Beziehung gut vorstellen kann – anderer- seits weiß sie, dass sie nicht anders kann, als ihrer tiefen inneren Sehnsucht zu folgen.

Mit 21 trifft Bernadette schließlich die Entscheidung, ihrer Sehnsucht eine Form zu geben und in einem öffentlichen Rahmen vor 300 Leuten und einem Priester das Versprechen abzulegen, ein Jahr lang keine Beziehung einzugehen. Sie will mit einer gewissen Exklusivität Jesus gehören. Als Zeichen dafür trägt sie einen Ring. Sie geht für ein Jahr nach Australien und macht eine Jüngerschaftsschule. Ihr Versprechen erneuert sie insgesamt zehnmal – und schließlich ist es so weit: Am Hochfest Mariä Himmelfahrt, am 15. August 2022, legt sie ihr Versprechen für die Ewigkeit ab. Sie empfängt in Salzburg die Jungfrauenweihe.

Erinnerung an den Bräutigam

Gott geweiht zu sein, das ist grundsätzlich die Berufung jedes getauften Christen, der kraft der Taufe zu Gott und zur Gemeinschaft der Gläubigen gehört. Für Bernadette ist hier klar, dass es unterschiedliche Berufungen im Volk Gottes gibt. Doch weisen alle auf dasselbe Geheimnis hin. „Dieses Zueinander von Mann und Frau, die Ergänzung und dieses Einswerden auch im sexuellen Akt deuten auf dieses eine Geheimnis hin, dass wir schlussendlich eins werden in der Ewigkeit mit Gott, dem Erfinder von Intimität, Sexualität und Liebe.“

Auf die Ehe zu verzichten und in einer Exklusivität Christus zu gehören, findet sich bereits an den Anfängen des Christentums. Schon früh entwickelt sich ein Ritus mit Gebeten für solche Frauen in der Nachfolge Christi. Doch erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil wird die Berufung zur „Virgo consecrata“ wiederentdeckt. „Es ist eine Erinnerung an die Kirche; denn eigentlich ist ja die Kirche die Braut Christi. Und mit meiner Berufung erinnere ich die Welt, die Christen und die Kirche daran: Es gibt einen Bräutigam und er wird wiederkommen. Ich denke, wer eine Braut sieht, der fragt automatisch, wo der Bräutigam ist.“

„Die Pornoindustrie zeigt zu wenig“

„Ich glaube nicht, dass wir ohne Sex nicht leben können. Aber wir können ohne Intimität nicht leben. Wir sind für Intimität gemacht.“

Als Reaktion auf ihre Lebensentscheidung erhält Bernadette viele Kommentare wie „Oh mein Gott, wie kann man so leben? Wie kannst du überhaupt überleben?“ Sie selbst meint dazu: „Es ist ein Credo in unserer Gesellschaft: ‚Hey, ohne Sex – du bist leider verloren!‘ Hier möchte ich mit meinem Leben ein Statement setzen. Ich glaube nicht, dass wir ohne Sex nicht leben können. Aber wir können ohne Intimität nicht leben. Wir sind für tiefste Intimität gemacht. Und diese“, so Bernadette, „können wir auf verschiedenen Ebenen leben. Auf emotionaler, mentaler und spiritueller Ebene. Wenn wir die sexuelle Intimität als einzige Basis für eine Beziehung nehmen, kann es sehr schnell auch sehr leer werden. Ich habe viele Leute kennengelernt, die sagen: ‚Ich bin müde geworden in der sexuellen Intimität.‘ Die Pornoindustrie ist eine der schnellst wachsenden Industrien unserer Zeit und gleichzeitig – es reicht nicht.

Ich denke Pornos zeigen nicht zu viel, sondern zu wenig. Das ist eine Krise unserer Zeit.“

„Christus hört niemals auf, mich zu lieben“

Intimität mit einem Bräutigam zu leben, den man quasi mit Millionen anderen teilen muss – das klingt erst einmal sehr speziell. Für Bernadette ist klar: „Jesus ist für alle Menschen. Er ist nicht exklusiv und dennoch auch exklusiv. Er ist immer beides. Es ist eine Form von tiefer Intimität, die ich mit ihm leben kann, v.a. auf spiritueller und emotionaler Ebene. Christus ist wahrer Mensch und wahrer Gott. Und ich weiß, er kennt meine tiefste Sehnsucht, mein innerstes Wesen. Er hört niemals auf, mich zu lieben – und das auf eine Art und Weise, die ihm und mir auch ein gewisses Geheimnis ist. Und für jeden Menschen ist es unterschiedlich. Er hat einen einzigartigen Blick für mich. Und im Himmel werden wir eine Intimität zueinander leben, die wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen können.“

„Ich möchte nicht ohne ihn sein“

Letztlich erinnert Bernadettes Berufung die Menschen an die große Liebesgeschichte, für die sie geschaffen sind – eine Geschichte von Sehnsucht, die eben auch Bernadettes Lebensmotto durch und durch ausmacht: „Der Soundtrack meines Lebens ist die Sehnsucht.“ Keinen Augenblick möchte sie ohne Jesus sein, investiert viel in ihre Beziehung zu ihm. „Das bedeutet auch, dass ich die erste und wichtigste Zeit des Tages meinem Bräutigam widme. Und ich merke, je mehr ich mit Gott in Kontakt komme, umso stärker wird die Sehnsucht.“ Die Erfüllung ihrer Sehnsucht steht dabei noch aus und erfüllt sie dennoch mit großer Freude: „Ich weiß, es gibt die Ewigkeit, der Himmel ist ein realer Ort und eines Tages werden wir dort sein in der Anschauung der vollkommenen Vereinigung und wir werden vollkommen eins sein.“

Männer als Freunde?

Neben der Freundschaft zu Christus ist es Bernadette auch wichtig, tiefe, heilige Freundschaften zu pflegen. Unter ihren Freunden hat sie auch einige Männer. „Es braucht schon eine gute Transparenz, eine Wahrhaftigkeit. Werde ich gestärkt in meiner Berufung oder geschwächt? Wenn wir diese Dinge gut leben, dann denke ich, dass es absolut dieses Zueinander von Mann und Frau braucht. Wir sind auf diese Ergänzung hin geschaffen. Ich glaube nicht, dass wir das nur im sexuellen Akt finden. Als ganzheitliches Wesen können wir das auch in anderen Ausdrucksformen finden. Das heißt nicht, dass ich sofort mit einer Person in einer Beziehung sein muss. Wir sind in einer Gesellschaft, die übersexualisiert ist, d.h. alles, was eine etwas tiefere Verbindung ist, wird sofort sexuell gedeutet.“ Umso mehr müssten wir lernen, gute Freundschaften zu kultivieren, auch zwischen Mann und Frau. Und dass dies auf eine gesunde Art und Weise, die beiden Geschlechter zum Blühen bringt und sie fördert.

„Gib dich nicht mit Mittelmäßigkeit zufrieden“

Wesentlich ist für Bernadette auch die Sehnsucht, etwas Bleibendes zu hinterlassen. Dabei liegen ihr besonders die jungen Menschen am Herzen. „Ich möchte eine Generation sehen, die Christus leidenschaftlich liebt und ihm nachfolgt und dadurch Geschichte schreibt. Das ist meine Vision und in die investiere ich. Ich weiß, dass es eine zu große Vision ist, als dass ich das mit meinem Leben erfüllen kann. Aber ich möchte zumindest ein paar Leute motivieren, dass sie anfangen, selber zu träumen und das zu tun. Das ist meine Investition und ich hoffe, dass das auch mein Erbe sein wird: Dass es junge Menschen gibt, die mit einer großen Leidenschaft Christus nachfolgen.“

Ich möchte eine Generation sehen, die Christus leidenschaftlich liebt und ihm nachfolgt und dadurch Geschichte schreibt. Das ist meine Vision und in die investiere ich.

Deshalb ermutigt Bernadette:
„Gib dich nicht mit Mittelmäßigkeit zufrieden, sondern suche das Wahrhaftige, Tiefe. Frag nach Jesus – der Erfüllung all unserer Sehnsüchte – suche ihn und lerne, mit ihm eine tiefe, intime Beziehung zu leben. Denn wenn du deine Beziehung mit Gott auf ein sehr tiefgründiges Level bringst, bringt das auch alle anderen Beziehungen auf ein neues Level.“

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