Kann man Gott spielen? – Jonathan Roumie

„Wenn du dem Beispiel Gottes folgst, willst du besser sein, als die Gesellschaft es erlaubt.“ – Ein grandioses Interview mit Jonathan Roumie, dem Jesus-Darsteller der US-amerikanischen TV-Serie „The Chosen“.

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Jonathan Roumie im Grandios Interview

Was als kleines Crowdfunding-Projekt begann, hat sich zu einem globalen Phänomen mit mehr als 600 Millionen Zuschauern in über 190 Ländern entwickelt. Die US-amerikanische TV-Serie „The Chosen“ erobert die Welt, bereits über 10 Millionen Menschen folgen der Serie auf ihren Social-Media-Kanälen. Kein Wunder, dass sich das Leben des Jesus-Darstellers Jonathan Roumie mit der Serie grundlegend verändert. Zur Europa-Premiere der 4. Staffel hat GRANDIOS den bemerkenswert bodenständig gebliebenen Schauspieler in London zum Exklusiv-Interview getroffen.

GRANDIOS: Jonathan, Du spielst den vollkommenen Menschen: Jesus Christus. „Ecce Homo!“ – „Siehe, der Mensch“, wie Pilatus sagt. Mensch sein. Was bedeutet das für Dich? Was ist der Mensch für Dich? Was macht ihn aus?

Jonathan Roumie: Ich denke, Menschsein ist die Summe unserer Erfahrungen im Kontext eines göttlichen Plans für unser Leben, was Gott für uns will. So würde ich es ganz einfach beschreiben.

Wann beginnt das menschliche Leben für Dich?
Ich denke, das Leben beginnt mit der Empfängnis.
Du unterstützt Menschen, die sich für den Lebensschutz einsetzen. Was bewegt Dich dazu?
Ich setze mich zu 100 Prozent für die ungeborenen Kinder ein. Es ist wichtig, für diejenigen zu kämpfen, die nicht für sich selbst sprechen oder kämpfen können. Jesus war das perfekte Beispiel dafür. Mit seinem ganzen Leben und seinem geistlichen Dienst. Mit allem, was er die Welt gelehrt hat.
Wie ist das am Ende des Lebens, wann endet das menschliche Leben?
Wenn für einen Menschen die Zeit gekommen ist, wenn Gott sagt, es ist Zeit zu gehen, dann ist das das Ende. Wie es aussieht, das ist für jeden anders.

Wie kommt das Glück in den Kopf

Warum ist das christliche Menschenbild angesichts der großen gesellschaftlichen Debatten um Menschenwürde und Menschenrechte von besonderer Bedeutung?
Ein wichtiger Punkt im christlichen Menschenbild ist sicher die Demut. Wenn du zu wenig Demut hast, dann fehlt dir die Fähigkeit, mit Leuten in Kontakt zu kommen, die eine andere Meinung haben als du. Stolz wird sehr oft als die größte aller Sünden angesehen. Denn wenn du zu stolz bist, bist du anfällig für all die anderen Sünden, die damit einhergehen oder verbunden sein können. Ich glaube, wenn man demütig sein kann, wenn man sich vor Gott demütig zeigen kann, dann ist es möglich, dass wir uns verstehen, dass wir miteinander kommunizieren können, dass wir die Lebensumstände des anderen berücksichtigen, ohne zu hart oder zu streng zu urteilen. Ich denke, nur so lassen sich die großen gesellschaftlichen Debatten um Menschenwürde und Menschenrechte lösen.

Jesus zu spielen hat in mir den Wunsch geweckt, ein besserer Mensch zu sein.

Sein Leben hat sich für immer verändert

Hat sich Dein Leben oder auch Dein Glaube verändert, seitdem Du in der Erfolgsserie „The Chosen“ Jesus spielst?

Jesus zu spielen, hat mein Leben für immer verändert und meinen Glauben gestärkt. Es hat in mir den Wunsch geweckt, ein besserer Jünger Jesu zu werden. Es hat in mir den Wunsch geweckt, eine bessere Version von mir selbst zu sein, ein besserer Mensch. Es fordert mich auf diese Weise heraus. Wenn du dem Beispiel Gottes folgst, willst du besser sein, als du denkst, dass du sein kannst. Ich denke, besser, als die Gesellschaft es erlaubt. Die Kultur setzt die Messlatte viel niedriger. Jesus hat nicht gesagt: „Sei freundlich zu den Menschen.“ Er hat gesagt: „Liebe deine Feinde.“ Wer tut das? Das ist eine echte Herausforderung. Seine Botschaft aktiv in unser Leben hineinzunehmen, das ist die echte christliche Herausforderung. Das ist nicht bequem, war es noch nie, ist es aber vor allem nicht in der heutigen Zeit.

Den Zeitplan Gottes und das eigene Leben verstehen lernen

Ist es durch die Rolle des Jesus für Dich einfacher geworden, den Zeitplan Gottes für Dein Leben zu verstehen?
Ja, ganz sicher. Denn das Engagement hat für mich die Dinge in die richtige Perspektive gerückt. In der Zeit, bevor ich für „The Chosen“ gebucht wurde, habe ich Jesus in einer Reihe von kleineren Projekten gespielt. Drei davon waren Kurzfilme mit Dallas Jenkins, dem Schöpfer der Serie. Es war schon irgendwie seltsam, dass ich vor „The Chosen“ innerhalb von nur vier bis fünf Jahren sehr oft Jesus spielen durfte. Als ich dann für die Serie gecastet wurde und wir grünes Licht für mehrere Staffeln bekamen, da wurde mir klar, dass all die Engagements davor nur eine Vorbereitung auf diesen Moment waren, auf diese spezielle Serie, auf diese unglaubliche Zeit in meinem Leben.
Wie hat sich das privat, persönlich bemerkbar gemacht? War es auch hier für Dich einfacher, den Plan für Dein eigenes Leben zu verstehen?

Ich glaube, jede Szene, die ich gespielt habe, hat mein eigenes Herz erweicht. Und ich glaube, das hat mich in anderen Bereichen meines Lebens aktiver werden lassen. Wie zum Beispiel für den „Marsch für das Leben“. Dort aufzutreten und Dinge zu tun, von denen ich nie gedacht hätte, dass ich sie tun würde. Dass ich überhaupt einmal an einem „Marsch für das Leben“ teilnehmen würde. Der wahrscheinlich größten Versammlung von Menschen in der Welt, die für das ungeborene Leben kämpfen. Ich hatte sogar Angst davor. Ich dachte, es würde mir beruflich sehr schaden. Und trotzdem habe ich mich schon Monate im Voraus dazu verpflichtet.

Als es dann so weit war, musste ich eine Rede schreiben. Der Termin rückte immer näher und es waren nur noch drei Wochen bis zum Marsch. Es fühlte sich sehr groß und beängstigend an. Ich wollte schon absagen. Ich fragte mich: Bist du verrückt! Wozu habe ich mich hier verpflichtet? Der Vortrag, den ich halten sollte, musste sich irgendwie mit dem Thema befassen. Also habe ich versucht, einen Weg zu finden, einen Bezug herzustellen, ohne direkt darüber zu sprechen. Als ich dann versuchte zu schreiben, habe ich nicht mehr als ein paar Zeilen auf das Papier gebracht. Es kam nichts dabei heraus. In diesem Moment spürte ich die Kraft des Heiligen Geistes, der mir sagte: „Hör auf zu zögern. Hör auf, herumzualbern. Sag einfach, was du sagen musst.“ In dem Moment bin ich innerlich zusammengebrochen, weil ich dachte, okay, ich muss es einfach tun.

Und in dem Moment, wo ich gesagt habe: „Okay, ich überlasse es dir, Gott. Ich werde alles tun, was du von mir verlangst. Ich habe mich dazu verpflichtet. Ich werde es tun.“ In dem Moment, als ich das tat, fing die Rede an, sich selbst zu schreiben, Seite für Seite. Ich fuhr nach Washington und hielt die Ansprache. Es lief wirklich gut. Und all die Dinge, von denen ich befürchtet hatte, dass sie sich negativ auf mich auswirken würden, passierten nicht. Das war alles nur Einbildung von mir. Es war alles Angst. Es war alles unnötig. Das Gegenteil war der Fall. Es waren so viele Jugendliche und Teenager da. Sie waren so begeistert, jemanden in meiner Position in einer TV-Serie zu sehen, die sie lieben, der über die Dinge spricht, die ihnen wichtig sind. Der über die Themen spricht, von denen ich glaube, dass sie Gott wichtig sind und die mit meinem Glauben übereinstimmen. Es hat mir wieder einmal bewiesen: Je mehr ich im Glauben voranschreite und je mehr ich mir erlaube, mein volles Vertrauen in Gottes Plan für jeden Teil meines Lebens zu setzen, desto mehr wird er sich um alles kümmern, desto mehr wird er mir zeigen, wohin ich gehen und was ich tun soll. Und alles wird gut.

In einem liebevollen Haushalt mit Eltern, die Gott und ihre Kinder sehr geliebt haben, aufgewachsen zu sein, war das größte Geschenk, das ich je erhalten habe.

Das größte Geschenk

Kannst Du das größte Geschenk, das Du jemals von Gott erhalten hast, benennen oder beschreiben?
Beruflich gesehen, war es ohne Zweifel die Serie „The Chosen“. Privat war es sicher die Tatsache, in einem liebevollen Haushalt mit Eltern, die Gott und ihre Kinder sehr geliebt haben, aufgewachsen zu sein. Ich denke, das war das größte Geschenk, das ich je erhalten habe. Und dann die Serie und was sie für mich und für andere Menschen auf der ganzen Welt getan hat.
Gibt es bestimmte Szenen und Dialoge, die für Dich zu den schönsten Szenen der Serie gehören? Oder vielleicht sogar zu den wichtigsten Szenen, die Du je gespielt hast?
Ja, die gibt es. Das Erste, was mir in den Sinn kommt, ist Vers 16 im 3. Kapitel im Johannesevangelium. Die Szene mit Nikodemus auf dem Dach des Hauses spät in der Nacht. Das ist offensichtlich ein ikonisches Stück aus der Heiligen Schrift. Diese Szene zu spielen war einfach wundervoll. Die Szene mit Erick Avari, der den Nikodemus so schön spielt, ist eine meiner Lieblingsstellen. Es gibt so viele Szenen, die ich liebe, und Teile der Schrift, die wir in der Serie eingebaut haben. Aber das ist die erste, die mir gleich vor Augen ist.

Göttlichkeit schauspielen

Christen glauben, dass Jesus wahrer Mensch und wahrer Gott in einer Person ist. Die menschliche Seite kann von einem Schauspieler dargestellt werden. Was ist mit der zweiten Seite? Kann diese Dimension ausgedrückt werden?
Ich denke, dieser Aspekt des Schauspiels liegt zwischen den berühmten Zeilen. Es ist nichts, worüber ich bewusst nachdenke. Ich kann mich damit identifizieren, dass Jesus ein Mensch war. Ich bin auch ein Mensch. Ich bin nicht göttlich. Ich meide diesen Gedanken. Ich bete vor jeder Szene, besonders wenn die Göttlichkeit im Spiel ist: „Herr, lass die Leute mich so sehen, wie du willst, dass sie dich sehen, lass sie nicht meine, sondern deine Stimme hören.“ Und ich glaube, dass er mein Gebet hört, weil er die Menschen beeinflusst und ihr Leben geistlich verändert hat. Ich kann das nicht für mich in Anspruch nehmen. Ich trete einfach auf und sage meinen Text. Und was macht Gott? Wenn ich Gott wäre, könnte ich meine Hände heben und ein Wunder geschehen lassen, aber ich habe nur meine Hände. Wenn die Menschen durch mein Schauspiel etwas spüren, hat das nichts mit mir zu tun, sondern mit ihm.
Bekommst Du manchmal Angst, wenn du daran denkst, wen Du spielst?
Am Anfang schon, aber dann habe ich begriffen, dass er es war, der mich hierhergebracht hat. Dass ich also nichts zu befürchten habe und dass ich ihn nur ehren muss, indem ich mein Bestes gebe, indem ich auftrete und meine Arbeit mache.

Das hält Jonathan Roumie auf dem Boden

Was erdet Dich? Was hält Dich auf dem Boden? Wie kommst Du mit dem rasanten Aufstieg und Ruhm zurecht? Ich meine, Du spielst Jesus, den Sohn Gottes.

Ich bete. Das Gebet hält mich am Boden. Ich gehe in die Messe, in die Kirche und empfange die Eucharistie. Ich empfange Christus selbst in der Messe. Das gibt mir Halt und ist wie eine Erleichterung, besonders wenn ich Probleme habe. Manchmal ist es anstrengend, so vielen Menschen zu begegnen und die Energie aufzubringen, für so viele Menschen da zu sein. Wenn man dann noch auf Menschen trifft, die von meiner Arbeit tief berührt sind, dann kostet es Energie, in diesem Moment präsent und bei ihnen zu sein. Die einzige Möglichkeit, wirklich aufzutanken, ist für mich das Gebet, meinen Glauben zu praktizieren und mich auszuruhen, wenn ich kann.

Die Liebe Gottes, die Jesus verkündet, gilt in besonderer Weise den Ausgestoßenen, den Verachteten, denen am Rande der Gesellschaft, den Sündern, denen, die unter die Räder des Lebens geraten sind: Was sagt das über das Menschenbild Jesu aus?
Wenn man liest, wie Jesus mit den Menschen umgeht, mit welchen Menschen er sich umgibt, wie er sie behandelt, dann kann man nicht anders, als davon berührt zu sein. Man kann nicht anders, als zu denken: „So sollten wir sein.“ Er hat uns gezeigt, wie wir sein sollen. Das kann manchmal sehr schwierig sein, aber wir sind dazu berufen.

Ich bete. Das Gebet hält mich am Boden. Ich gehe in die Messe und empfange die Eucharistie.

„Darum seid vollkommen, wie auch euer Vater im Himmel vollkommen ist.“ Damit einher geht nicht selten auch die Vergebung. Ein wichtiges Thema. Eine große Botschaft. Gerade heute.
Ja, das stimmt. Vergebung ist für viele Menschen eine sehr schwierige Sache. Ich glaube, sie ist ein Geschenk. Jemand, der Vergebung schenkt, ist ein Geschenk. Manchmal wollen wir Menschen nicht vergeben, weil wir so tief verletzt sind durch Dinge, die sie gesagt oder getan haben. Für uns ist das dann unverzeihlich. Jesus sagt: „Nein, das ist es nicht. Es ist verzeihlich. Man muss es nur tun. Und dir muss auch verziehen werden.“ Das bringt uns noch einmal zum Thema vom Anfang: der Frage nach Stolz und Demut. Was hindert uns daran, diese Vergebung zu geben? Wir wollen Jünger Christi sein. Ein solcher Jünger zu sein, bedeutet, die Dinge zu tun, die er von uns verlangt. Dinge, die sehr schmerzhaft zu sein scheinen, die aber letztlich heilend für unsere Seele sind.
In einer Welt mit Krieg und Hass, Gebrochenheit in der Gesellschaft, ist die Botschaft von Jesus für manche Menschen naiv und utopisch. Wie lässt sich zeigen, dass dies nicht der Fall ist und sie vielmehr eine Antwort ist?

Wenn man Barmherzigkeit, Mitgefühl, Freundlichkeit gegenüber anderen Menschen zeigt, wenn man anderen Menschen verzeiht, dann verändert das nicht nur die Person, der man verzeiht. Es verändert einen auch selbst. Es schafft Heilung zwischen zwei Menschen. Das geschieht nur auf der Mikroebene, von Person zu Person. Wenn man das weiterdenkt, dann beeinflusst diese Versöhnung auch die Menschen um sie herum. Und dann bald eine ganze Gemeinschaft, eine ganze Stadt. Veränderung beginnt mit einer Person. Die Veränderung einer Person hat eine Wirkung auf den Rest der Welt.

Es gibt kein besseres Beispiel für das Menschsein als ihn.

Unsere Gesellschaft menschlicher machen

Was braucht es, damit unsere Gesellschaft menschlicher wird?
Wenn man wirklich alles liest, was in den Evangelien über Jesus geschrieben wurde, hat man den perfekten Prototyp des Menschen, der Demut vor sich. Es gibt kein besseres Beispiel für das Menschsein als ihn. Und im Laufe der Zeit haben wir weitere Beispiele vieler Heiliger im Glauben, die ihr Leben für Christus opferten. Es gab phänomenale Taten des Dienstes und der Opferbereitschaft. Der heilige Maximilian Kolbe ist zum Beispiel einer, der mir einfällt. Er war im Konzentrationslager mit Gefangenen und bot sein Leben für das Leben eines anderen Menschen an. Er war katholischer Priester. Sein Vorbild war das Beispiel Christi. Ich denke, das ist die ultimative Tat des Menschseins und der Demut: sein Leben für das eines anderen aufzugeben. Jesus hat das stellvertretend für die gesamte Menschheit für alle Zeiten getan. Es gibt kein klareres oder besseres Beispiel als das.
Jonathan, vielen lieben Dank für dieses sehr persönliche, inspirierende und emotionale Gespräch!
Sehr gerne!

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