Diesen Beitrag im GRANDIOS Podcast anhören:
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von open.spotify.com zu laden.
- Autor: Tobias Liminski
- Fotos: Bernhard Spoettel
Michael Schedl von Brockdorff im Grandios Interview
Michael Schedl von Brockdorff gehört bis 2018 zur ProSiebenSat.1 Chefredaktion. Seine journalistische Karriere – bis dahin mustergültig. Praktikum bei ProSieben, danach Volontariat und erste Redakteursstelle, Gründungsmitglied bei diversen Erfolgssendungen, Schlussredakteur bei Galileo, Chef vom Dienst, Ressortleiter und schließlich der Posten als Senior Programm Manager „Information & Wissen“ in der Chefredaktion. Eine filmreife TV-Karriere. Bilder und Erinnerungen, die sich garantiert auch in seinem Kopf abspielen, als er einen der „schönsten und intensivsten Momente seines Lebens“ durchlebt. Seine Weihe zum Diakon im Münchner Liebfrauendom im September 2020.
„Um andere willkommen heißen zu können, muss ich zuerst rechtzeitig ankommen.“ Ein Rat, den Michael in einem seiner inzwischen zahlreichen Pfarrbriefe geschrieben hat. Offensichtlich nimmt er ihn selbst sehr ernst. Auf dem Weg zum Interview treffen wir den Vater von zwei Söhnen auf der Hauptstraße Richtung Pfarrkirche Maria Immaculata im Münchner Stadtteil Harlaching. Lächelnd überholt er uns, um rechtzeitig am ausgemachten Treffpunkt zu sein. Die gute Laune lässt er sich trotz der wenig vergnügungssteuerpflichtigen Morgenstunde nicht nehmen. Im Pfarrbrief war das sicher anders gemeint, aber die kleine Anekdote zeigt:
Der Mann nimmt seine eigenen Worte ernst und lässt ihnen Taten folgen.
Die größte Sehnsucht ist die Sehnsucht nach Gott.
Michael Schedl von Brockdorff
Michael wird Diakon
So ist das auch, als er kurz vor der Prüfung seines theologischen Fernstudiums in Würzburg steht. Damals hat er sich und dem Herrgott versprochen: „Wenn ich die Prüfung bestehe, werde ich Diakon.“ ‘Mit Bravour bestanden‘, steht später unter dem Zeugnis. Fortan geht es nicht mehr um Prominente, Weltrekorde oder Dokumentationen über das größte Möbelhaus Deutschlands – ab sofort geht es für den angehenden Diakon Michael um die größte Sehnsucht des Menschen: Die Suche nach einem Partner, nach einem Freund, nach einem Lebenin Harmonie. „Alles Suchen mündet letztendlich in Gott“, kürzt er die Aufzählung ab. „Die größte Sehnsucht ist die Sehnsucht nach Gott.“ Eine Erkenntnis, die er selbst erst wieder für sich gewinnen muss.
Ein Überzeugungstäter, der nur eines will: den Menschen dienen.
Der Journalismus war für mich ein Traumberuf.
Michael Schedl von Brockdorff
Freiheit und Selbstbestimmung
Er und seine Frau haben JA gesagt
Als Jugendlicher will der gebürtige Münchner eine Zeit lang Missionar werden, testet das Leben im Kloster, ist in der Heimatpfarrei Messdiener und Gruppenleiter. In der weiten Medienwelt aber verliert er zunehmend den Kontakt zur Kirche: „In wenig Branchen gibt es wohl so viele Atheisten und Agnostiker“. Auch er sieht die organisierte Kirche mit immer kritischeren Augen. Seinen Glauben aber gibt er nie auf. Er hinterfragt ihn aber auch nicht weiter. „Aus Angst, ihn ganz zu verlieren“, wie er sagt. Michael trennt sein Leben in zwei Welten: In das religiöse, emotionale Privatleben und in die säkulare, aufgeklärte Arbeitswelt.
Diese Trennung aber lässt sich auf Dauer mit seiner Sehnsucht nach Freiheit und Selbstbestimmung nicht mehr vereinen. Erst recht nicht als Ehemann und Familienvater von zwei Söhnen. Denn spätestens jetzt muss man sich den weiterführenden Fragen stellen: „Warum ist das alles so? Warum ist es vernünftig, an Gott zu glauben? Wie ist Gott in unserem Leben präsent? Welche Rolle spielt er für mich persönlich?“
Er und seine Frau haben JA gesagt. Haben sich vor Gott einander versprochen und ewige Liebe zugesagt. Beide haben JA zum Leben gesagt. Michael steht konsequent zu seinen Entscheidungen, will liefern und studiert neben seiner Arbeit bei ProSiebenSat.1 Theologie an der Fernuniversität Würzburg.
Es machte für ihn keinen Sinn mehr auf zwei Hochzeiten zu tanzen
Er beschäftigt sich mit Apologetik, Christologie und Pastoraltheologie. Für Michael macht es mit einem Mal keinen Sinn mehr, Welt und Kirche als Gegensätze zu sehen. Es macht für ihn keinen Sinn mehr, als Christ ständig auf zwei Hochzeiten zu tanzen. Er will nur noch einem dienen. Gott oder eben dem vielzitierten Mammon. „Wo Dein Schatz ist, da ist auch Dein Herz“ (Mt 6,21). Diese Worte aus dem Matthäus-Evangelium begegnen Michael bei der Lektüre der Bergpredigt. Sie gehen ihm durch Mark und Bein. Fortan will er diesen Schatz für sein Leben suchen und heben.
Und Michael sagt: „Ich habe Gott gefunden, aber nicht in dem Sinne, als dass ich ihn jetzt festhalten oder definieren kann, oder anderen Menschen sagen kann, wie Gott ist. Ich kann nur sagen, wie sich Gott für mich anfühlt. Wie sich seine Nähe und sein Wirken in der Welt anfühlen“, beschreibt Michael seinen Schatz. „Wenn man sich auf die Suche nach Gott macht, dann bekommt man eine Antwort.“ Eine Recherche, die nicht ins Leere führt.
Seine Frau hat ein zweites Mal JA gesagt
„Wer sucht, der findet“, hat der Volksmund aus der Bergpredigt übernommen. Die Antwort auf Michaels Suche fällt in der Familie auf fruchtbaren Boden. Er will aus der TV- und Medienwelt aussteigen und Diakon werden. Seine Frau und die gemeinsamen Söhne unterstützen Michael auf seinem Weg. Seine Frau darf ihm, pandemiebedingt, bei der Weihe zum Diakon sogar beim Anlegen der liturgischen Gewänder behilflich sein. Vorher stimmt sie der Weihe zu, wohl wissend, dass Michael als Diakon für viele da sein wird. Sie kennt ihn – er wird nicht anders können. „Meine Frau hat ein zweites Mal JA gesagt“, erinnert sich Michael an den Moment, den er selbst als einen der schönsten und intensivsten Momente seines Lebens bezeichnet.
„Unruhig ist unser Herz, bis es ruht in Gott“, zitiert Michael den heiligen Augustinus. „Das ist für mich Sehnsucht. Ich mache das alles aus Überzeugung und lasse mich in den Dienst nehmen.“
Michael ist bereit, wenn eine Beerdigung ansteht, und nimmt sich die Zeit für ein ausführliches Gespräch. Er stellt andere Dinge hinten an und bereitet den Schulunterricht vor, damit die Kinder mit Freude dabei sein können. Das ist für ihn echte Freiheit und Selbstbestimmung, weil er das aus eigenem Antrieb und gerne macht. Ohne Quotendruck.
„Wenn ich mir meinen Alltag heute anschaue, glaube ich, so groß das Mysterium Gott auch ist, ich habe Gott gefunden.“ Michael spricht über seine Suche und seinen Fund so authentisch und klar, als sei es das Normalste auf der Welt. Womöglich ist Michael dadurch, ohne es zu merken, für Viele ein echter Zeugnisgeber.
Der ein oder andere in der Ismaninger Medienstadt wird das sicher so sehen und sich gerne an Michael erinnern. Aus seinem Zimmer hing, für alle gut sichtbar, lange Zeit eine Fahne des Papstes. Damals vielleicht auch eine kleine Provokation. Aber mit Sicherheit schon ein Fingerzeig für das spätere Zeugnis, das er heute täglich lebt.